The economy, stupid!
Diese drei Wörter von James Carville, dem Wahlkampfstrategen von Bill Clinton, haben den US-Wahlkampf 1992 geprägt und wurden in der Abwandlung „It’s the economy, stupid!“ Vorlage für unzählige einfache, es auf den Punkt bringende Botschaften. Seit unserem letzten Blick auf die Zollpolitik haben wir einige turbulente Börsentage hinter uns. So stürzte der DAX® in den Tagen nach der Verkündung der Trumpschen Zollpläne um rund 15% ab, um sich in den letzten drei Wochen wieder auf einen Stand vor dem ‚liberation day‘ zu erholen. Ähnliche Bewegungen haben wir im übrigen Europa gesehen und in den letzten Tagen konnten sich auch die US-Indizes von ihrem Absturz im April erholen, sind aber seit Jahresbeginn immer noch deutlich im Minus. Aber wie kam es zu der Erholung?
Hier möchte man dem Präsidenten in Anlehnung an Herrn Carville „It’s the bond market, stupid!“ zurufen. Der US-Anleihenmarkt reagierte mit einem massiven Ausverkauf und dem stärksten Anstieg der Renditen für US-Staatsanleihen seit 1982. Dies war eine dunkelgelbe Karte für das grobe Foulspiel, das der US-Präsident an der Weltwirtschaft begangen hat. Ähnlich wie bei Liss Truss, der Premierministerin in UK, die nach heftigen Ausschlägen am britischen Anleihenmarkt 2022 nach nur 49 Tagen zurücktrat, war es in den Augen vieler Marktbeobachter diese heftige Reaktion des US-Anleihenmarktes, die zur Verkündung der 90-tägigen Zollpause der Trump-Administration führte. Mit dieser Ankündigung macht sich bei Aktien und Anleihen Entspannung breit und es besteht die Hoffnung, dass in den verbleibenden rund 60 Tagen vernünftige Lösungen gefunden werden.
Das ist v.a. für die US-Verbraucher und Unternehmen zu hoffen, denn beide sind eindeutig die Leidtragenden der verabschiedeten Zölle. Diese heizen zusammen mit dem schwächeren US-Dollar die Inflationssorgen wieder an und machen Waren und Vorprodukte deutlich teurer, so dass weniger im Geldbeutel oder der Firmenkasse bleibt. Die Inflationssorgen der FED sind weiterhin ein Bremsschuh für die von Trump lautstark geforderten Zinssenkungen. Zur „Tätlichkeit“ der Entlassung des FED-Chef Jerome Powell wird es wohl nicht kommen, da der Kapitalmarkt um Ostern schon andeutete, dass es dafür dann die rote Karte in Form eines weiteren massiven Ausverkaufs bei den US-Staatsanleihen geben würde.
Globale Investoren verschieben aktuell ihren Anlagefokus etwas und investieren wieder stärker in europäische Aktien und Anleihen. So kam es hier in den letzten Wochen zu deutlichen Zuflüssen. Wir bleiben bei unserer zuversichtlichen Einschätzung für europäische Qualitätsaktien, die sich durch eine moderate Bewertung, eine geringe Verschuldung und eine solide Ausschüttungspolitik bei den Dividenden auszeichnen. Die Zinssenkungen der EZB haben zusammen mit dem Fiskalpaketen zur Rüstung und Infrastruktur die Zinskurve deutscher Anleihen wieder steiler werden lassen. Dies macht längere Laufzeiten auf Grund der höheren Rendite im Zusammenspiel mit den moderaten Inflationserwartungen für die Euro-Zone im Vergleich zu Tagesgeldern attraktiver. Daher bietet es sich aus unserer Sicht an, einen Teil der Liquidität in mittlere Laufzeiten im Bereich von 5 bis 7 Jahren umzuschichten. Kursrücksetzer auf der Aktienseite würden wir v.a. für den Ausbau europäischer Aktienfonds im Depot nutzen wollen, da die gesunkenen Leitzinsen die Refinanzierungskonditionen der Unternehmen verbessern und die Bewertungen weiterhin im moderaten Bereich sind. Zudem dürfte der Abschluss von Deals im Zollstreit weiter zur Beruhigung der Aktienmärkte beitragen.
Die letzten Wochen haben wieder mal deutlich gemacht, dass panisches Handeln an den Märkten meist das Realisieren von Verlusten und das Verpassen von Chancen bedeutet. Besprechen Sie mit Ihrer Beraterin oder Ihrem Berater Ihre persönliche Strategie. Diese langfristig im Auge zu behalten und bei Bedarf zu adjustieren, ist unsere Aufgabe und bringt Ihnen über Ihren Anlagehorizont die gewünschte Rendite.
Auf den Punkt gebracht - „It’s the strategy, stupid!“ oder wie wir lieber sagen – Banking, wie es sein sollte.