Zinsgipfel erreicht? Über Gipfel und Täler an der Börse

In unseren beiden letzten Marktkommentaren beschäftigten wir uns mit den Notenbanken und den Auswirkungen der steigenden Zinsen für den Kapitalmarkt. Die Notenbanken FED und EZB haben teils große Schritte bei ihrer Tour zu neuen Zinsgipfeln gemacht. Bei den letzten Sitzungen wurde das Tempo verlangsamt und Ende Oktober wurde eine Verschnaufpause eingelegt. Aktuell sind wir auf einem Zinsplateau angekommen. Die Inflationsbekämpfung war in wesentlichen Teilen erfolgreich. Die aktuell veröffentliche Inflation und die Inflationserwartungen sind deutlich gesunken und die Zinsen übersteigen teils die Inflationsrate, so dass es wieder zu einer realen Verzinsung kommt. Aber wie geht es in den nächsten Wochen weiter?

Ähnlich wie bei einer herbstlichen Wanderung sehen wir aktuell den Weg nicht klar vor uns, sondern es ist etwas diesig. Es stellt sich die Frage, ob es weiter bergauf geht, ein Höhenweg vor uns liegt oder ob wir uns wieder auf den Weg in neue Zinstäler begeben.

Leider haben wir keine Glaskugel, um die weitere Entwicklung in den aktuellen Unsicherheiten durch die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, die schwankenden Energiepreise oder die Sorgen, um ein Abflauen der Weltwirtschaft genau sehen zu können. Die Mehrheit der Marktteilnehmer ist der Meinung, dass wir uns den Zinsgipfeln nähern und somit der größte Teil des Zinsanstiegs hinter uns liegt. In der letzten Ausgabe wurde thematisiert, dass es zu diesem Zeitpunkt interessant sein kann, sich Anleihenfonds ins Depot zu legen.

Heute wollen wir noch einen anderen Aspekt des Zinsanstiegs beleuchten, der ggf. auch eine Erklärung für die eher unerwartet schlechte Performance in Branchen wie Pharma, Biotechnolgie, Infrastruktur und Umwelttechnologie sein kann. Allesamt Sektoren, die wir langfristig im Rahmen unserer Ausführungen zu 5-D empfohlen haben und auch weiterhin bevorzugen.

Durch die Rückkehr des risikolosen Zinses, sehen wir verschiedene Effekte. Zum einen wird wieder viel stärker auf die Verschuldung der Unternehmen geachtet, da höhere Zinsen höheren Aufwand in der Erfolgsrechnung bedeuten. Zum anderen wird die Entwicklungsdauer wieder wichtiger, schnelle Fortschritte bei Forschung und Entwicklung werden belohnt, für Verzögerungen gibt es Kursabschläge, weil die Kosten für F&E länger bezahlt und somit zu höheren Zinsen finanziert werden müssen. Und der wohl entscheidendste Effekt, der Barwert – als der heutige Wert zukünftiger Gewinne – wird durch einen höheren Zins geringer. Vereinfacht ausgedrückt: ein Euro, der einem heute zur Verfügung steht, ist durch die Inflation und die höheren Zinsen attraktiver als der Euro, der erst in zwei oder drei Jahren ankommt. Diese Effekte haben - ganz allgemein betrachtet - die Kurse in den erwähnten Branchen gedrückt.

Durch ein Nachlassen der Inflation in Kombination mit einem Auslaufen der Zinsanstiege, könnten sich diese belastenden Effekte für die genannten Branchen reduzieren, so dass nach Monaten der Kursrückgänge die Talsohle erreicht sein könnte. Für Investoren mit längerfristigem Horizont und entsprechender Risikoneigung ein Zeitpunkt, sich auf die nächste Bergtour und die damit verbundenen Kursanstiege vorzubereiten. Zumal die Abenteuerlust vieler Börsianer, gemessen am Fear-and-Greed-Index von CNN, am Boden ist, was in der Vergangenheit häufig ein guter Zeitpunkt zum Aufbruch war.

Gerne sind wir Ihnen beim Packen Ihres Rucksacks behilflich und machen uns zusammen mit Ihnen Gedanken, wie die Route - also die Investmentstrategie - zu Ihrem Ziel für Sie gestaltet werden soll. Auf Ihrem Weg begleiten wir Sie, überprüfen die Route regelmäßig und passen sie bei Bedarf an.

Wir sind erst zufrieden, wenn Sie es sind – oder anders ausgedrückt – Banking, wie es sein sollte.